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Auf der Suche nach einer zukunftsfähigen Ethik

Das „Frankfurter Zukunfts-Symposium“ lotete die Chancen und Risiken neuer Technologien aus

 

„Unsere ethisch-politischen Systeme hinken der technologischen Entwicklung weit hinterher“, erklärte der Philosoph Michael Schmidt-Salomon in seiner Einführung in das „Frankfurter Zukunfts-Symposium“, das am vergangenen Wochenende vom Ethikverband der Deutschen Wirtschaft und der Giordano-Bruno-Stiftung veranstaltet wurde. Aus diesem Grund haben die beiden Organisationen beschlossen, ein Netzwerk zu schaffen, das „rationale Maßstäbe für die Bewertung der Chancen und Risiken neuer Technologien“ entwickeln soll.

„Das Frankfurter Zukunfts-Symposium war nur ein erster Schritt hin zur Etablierung eines solchen Netzwerkes“, sagte die Präsidentin vom Ethikverband der Deutschen Wirtschaft e.V., die Philosophin und Personalberaterin Irina Kummert, die durch die zweitägige Konferenz an der Goethe-Universität Frankfurt führte. In ihrer Begrüßung der etwa 300 Kongressteilnehmer betonte Kummert, wie sehr sie sich darüber freue, „dass so viele namhafte Referentinnen und Referenten unserer Einladung gefolgt sind“. Prominent besetzt waren bereits die ersten beiden Panel der Tagung: Unter der Moderation von Gert Scobel diskutierten zunächst der Philosoph und Wirtschaftsethiker Klaus-Jürgen Grün, der Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx, der Moderator und Jurist Michel Friedman sowie der investigative Journalist und ehemalige Leiter der Tagesthemen-Redaktion Jay Tuck über die „offene Zukunft und ihre Feinde“. Im zweiten Panel widmeten sich der Strafrechtler und Rechtsphilosoph Eric Hilgendorf, der Neuroethiker und Kognitionswissenschaftler Thomas Metzinger und der transhumanistische Philosoph Stefan Lorenz Sorgner den „Gefahren und Chancen der Digitalisierung“, wobei sie aufzeigten, wie eine „Ethik für Roboter“ aussehen könnte, wie „Virtuelle Realitäten“ unsere Selbst- und Weltwahrnehmung verändern und wo die

Unterschiede zwischen klassisch-humanistischen und trans- bzw. posthumanistischen Konzepten liegen.

Hochkarätig besetzt war auch die Podiumsdiskussion am Samstagabend, bei der neben Michel Friedman und Michael Schmidt-Salomon die Medizinethikerin und ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Christiane Woopen, der Rechtsphilosoph und Strafrechtler Reinhard Merkel (ebenfalls Mitglied des Deutschen Ethikrates) sowie der Philosoph und Vorsitzende der Zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer Dieter Birnbacher über die Frage diskutierten, welche Rolle ethische Argumente bei politischen Entscheidungsprozessen spielen bzw. welche Rolle sie unter optimalen Verhältnissen spielen sollten. Bei der von Klaus-Jürgen Grün moderierten Diskussion unter dem Stichwort „Ethik und Interesse“ wurde schnell klar, dass Ethik und Interesse keineswegs im Widerspruch zueinander stehen müssen. Immerhin geht es in der Ethik nicht zuletzt darum, faire Lösungen für Interessenskonflikte zu finden. Um dies zu ermöglichen, muss jedoch verhindert werden, dass sich „Partikularinteressen“ in unverhältnismäßiger Weise durchsetzen. Letzteres, so der Tenor der Diskussion, sei im politischen Geschäft leider immer wieder zu beobachten. In der Debatte wurde dieser Sachverhalt vor allem am Beispiel des im vergangenen Jahr beschlossenen „Sterbehilfeverhinderungsgesetzes“ § 217 StGB verdeutlicht, das von allen Podiumsteilnehmern, wenn auch in unterschiedlicher Schärfe, abgelehnt wurde.

 

(Fotos: Florian Chefai)

Am Sonntagmorgen beschäftigten sich neben Christiane Woopen der Philosoph und Bioethiker Franz Josef Wetz sowie die Juristin und hessische Landeselternvertreterin Ingrid Häußler mit den „Konsequenzen der neuen Bio-Technologie“, wobei die Schwerpunkte bei den Themen „Neuro-Enhancement“ und „Big Data und Gesundheitsfürsorge“ lagen. Wie bei den anderen Panels zeigte sich auch in dieser hochinteressanten Diskussion, dass es – selbst bei unterschiedlichen weltanschaulichen Zugängen – sehr wohl möglich ist, Kriterien

 zu benennen, anhand derer sich wünschenswerte von nicht-wünschenswerten Entwicklungen rational unterscheiden lassen.

Weit problematischer erscheint demgegenüber die Aufgabe, solche Maßstäbe in den politischen und ökonomischen Alltag zu integrieren. „Mit dieser Frage wird sich das nächste Zukunfts-Symposium, das für das Jahr 2018 geplant ist, in besonderer Weise beschäftigen“, erklärten die Organisatoren des Kongresses Irina Kummert, Klaus-Jürgen Grün und Michael Schmidt-Salomon bei ihrem abschließenden Fazit. Bis zu diesem Zeitpunkt wollen der Ethikverband der Deutschen Wirtschaft und die Giordano-Bruno-Stiftung bereits ein gemeinsames „Experten-Netzwerk für Zukunftsethik und Zukunftsgestaltung“ etabliert haben.

Nach der erfolgreichen Kooperation beim Frankfurter Zukunfts-Symposium soll die Zusammenarbeit beider Organisationen „auf jeden Fall weiter ausgebaut werden“, hieß es. Denn es habe sich gezeigt, „dass sich die Profile des Ethikverbands und der Stiftung wunderbar ergänzen“. So gingen beide von der Notwendigkeit einer „nicht-moralisierenden, kritisch-rationalen und evidenzbasierten Argumentation“ aus, um künftige Entwicklungen angemessen beurteilen zu können. Ziel sei es dabei, einen „fairen Wettbewerb der Ideen“ zu ermöglichen und möglichst viele Menschen davon zu überzeugen, „dass wir uns allesamt umso weniger vor der Zukunft fürchten müssen, je mehr wir uns dafür engagieren, sie in vernünftiger Weise zu gestalten“.

Eine Dokumentation des „Frankfurter Zukunfts-Symposiums 2016“ ist geplant. Weitere Informationen dazu folgen in den nächsten Wochen.

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